Der deutsche Wohnungsbau hat die Talsohle verlassen und sich wieder etwas erholt. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, wurden 2011 164.178 neue Wohnungen errichtet. Dies sind 14,9 Prozent mehr als im Vorjahr. Im für Mieter wichtigen Mehrfamilienhausbau wurden 61.217 Wohnungen fertig gestellt – ein Plus von 15,5 Prozent. „Auf den ersten Blick ist das eine erfreuliche Entwicklung, nachdem die Fertigstellungszahlen über Jahre hinweg rückläufig waren“, kommentiert IVD-Präsident Jens-UIrich Kießling. „Schaut man sich die Zahlen jedoch näher an, stellt man fest, dass insbesondere in den Ballungsgebieten viel zu wenige Wohnungen gebaut wurden. Teilweise liegen die Fertigstellungszahlen sogar unter denen des Vorjahres.“
Insgesamt bewegt sich die Zahl der Baufertigstellungen weiterhin deutlich unter dem Bedarf in Deutschland. Dieser Bedarf wurde in einer Untersuchung der regierungseigenen Behörde BBSR zuletzt auf 195.000 Wohneinheiten im Jahr errechnet. „Diesen Wert unterschreiten wir nun seit mehreren Jahren, wodurch das Angebot an Mietwohnungen weiterhin hinter dem Angebot zurückbleibt“, analysiert Kießling.
So ist die Zahl der Baufertigstellungen in Städten mit einer Einwohnerzahl zwischen 50.000 und 100.000 Einwohnern zwar fast um 37 Prozent gestiegen. In Städten mit mehr als einer Viertel Million Einwohnern wurden indessen weniger Wohnungen in Mehrfamilienhäusern errichtet als 2010. „Gerade in den Metropolen und Ballungszentren mit positiver demografischer Entwicklung besteht ein besonders großer Nachfrageüberhang“, sagt Kießling weiter.
In Berlin und Hamburg ist die Zahl der fertig gestellten Geschosswohnungen mit drei beziehungsweise sieben Prozent nur marginal gestiegen. In Köln (- 14 Prozent), Düsseldorf (- 73 Prozent), Frankfurt (- 29 Prozent) und Stuttgart (- 21 Prozent) ist die Zahl der Baufertigstellungen gegenüber dem Vorjahr sogar sehr deutlich zurückgegangen. Lediglich München konnte kräftig zulegen: 2011 wurden hier 42 Prozent mehr Geschosswohnungen errichtet als 2010.
„Die Rahmenbedingungen für den Neubau von Mietwohnungen sind in sich noch nicht stimmig“, sagt der IVD-Präsident. Die Preise für Baugrundstücke steigen kontinuierlich, genauso die Baupreise. Insgesamt werden daher eher Wohnungen im oberen Preissegment fertiggestellt. „Dort kann eine kostendeckende Miete vereinbart werden, so dass sich Neubau in diesem Bereich lohnt“, stellt Kießling fest. „Wir erkennen den Bedarf an Mietwohnungen auch im unteren Preissegment“, betont Kießling. „Wenn die Kommunen nicht das dafür erforderliche Bauland günstiger zur Verfügung stellen, wird sich an dieser Situation auch nichts ändern“.
Die vergleichsweise geringe Neubautätigkeit in den Großstädten führt der IVD auch auf das Phänomen der immer häufiger anzutreffenden Bürgerproteste auf lokaler Ebene zurück. „Wir erleben es immer öfter, dass Neubaupläne in den Großstädten auf den Widerstand der Nachbarn stoßen“, erklärt Kießling. „Bürgerinitiativen positionieren sich gegen Neubauvorhaben und versuchen, diese zu verhindern.“ Auf diesem Weg wird die Wohnungsknappheit in den gefragten Lagen der Städte nicht behoben. „Die Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau müssen von Bund, Ländern und Kommunen gleichermaßen gesetzt werden. Die Politik hat in den letzten Jahren hier eindeutig zu wenig getan. Da wir in den kommenden 20 Jahren eine weiterhin zunehmende Nachfrage nach Wohnraum insbesondere in den Ballungsräumen Deutschlands haben werden, muss hier endlich mehr getan werden.“
Quelle: IVD