Viele Deutsche halten die Direktinvestition in Wohnimmobilien derzeit für die sicherste Form der Geldanlage. Die Nachfrage nach Wohnungen in den Metropolen ist riesig, und das, obwohl seit rund zwei Jahren vor allem in den Innenstädten steigende Preise zu beobachten sind. Wer bereits eine Eigentumswohnung oder ein Haus in München, Hamburg, Berlin oder einer anderen deutschen Wachstumsregion besitzt, sollte daher überlegen, ob sich der Verkauf lohnt. „Es klingt merkwürdig, zugegeben“, räumt Jürgen Michael Schick, Vizepräsident des Immobilienverbands IVD, ein. „Wieso sollte man verkaufen, wenn alle anderen händeringend nach Objekten suchen? Sollte man sich nicht lieber zurücklehnen und glücklich schätzen, dass man den anderen einen Schritt voraus und bereits gut investiert ist?“ Derlei Erwägungen seien nachvollziehbar, meint Schick. Dennoch: Der Wert einer Immobilie bemesse sich vor allem an der Nachfrage. Und die übersteige in den Ballungszentren, aber auch in kleineren Universitätsstädten derzeit deutlich das Angebot. „Worauf also warten? Gerade weil alle anderen kaufen wollen, ist jetzt der ideale Verkaufszeitpunkt. Denn die große Nachfrage erlaubt kräftige Gewinnmitnahmen“, sagt Schick.

Preisentwicklung nähert sich dem Höhepunkt

„Die meisten Marktbeobachter gehen auch für das kommende Jahr noch von Preissteigerungen aus, die allerdings moderater ausfallen dürften als in der Vergangenheit“, erklärt Schick. Die Preiskurve werde zunächst abflachen, bevor sie ihren Höhepunkt erreiche und sich auf hohem Niveau stabilisiere. „Sobald die Spitze erklommen ist, wird es für Verkäufer schwieriger, Interessenten zu finden“, weiß Schick. „Der richtige Zeitpunkt für die Veräußerung ist kurz vor dem Peak – mit anderen Worten: jetzt. Denn nur, solange auch die Käufer noch von künftigen Preissteigerungen ausgehen, halten sie die Investition für lohnend.“ Bei stagnierenden Preisen indessen schrumpfe die potenzielle Käuferschicht auf Selbstnutzer und Liebhaber zusammen. Kapitalanleger, die ihr Geld vermehren möchten, würden sich dann nach lukrativeren Möglichkeiten umsehen, so Schicks Überzeugung.

Zinstief nutzen

Ein weiteres Argument für den Verkauf sei das derzeitige Zinstief. Bauzinsen sind momentan günstig wie lange nicht; selbst Kredite mit langfristiger Zinsbindung sind für weniger als drei Prozent Zinsen zu bekommen. Die niedrigen Zinssätze verbilligen die Darlehen für Haus- und Wohnungskäufer, was für viele wiederum die Kaufentscheidung positiv beeinflusst. „Selbst für Haushalte mit durchschnittlichem Einkommen rückt der Erwerb einer Eigentumswohnung durch das niedrige Zinsniveau in den Bereich des finanziell Möglichen“, kommentiert Schick. Was indessen für Immobilienkäufer gut sei, zahle sich auch für die Verkäuferseite aus. „Die günstigen Fremdkapitalbedingungen vergrößern die Käuferklientel, was zu einer starken Konkurrenz auf der Nachfrageseite führt. Infolgedessen können Verkäufer höhere Preise verlangen“, so Schick. Auch im Hinblick auf die jüngere Zinsentwicklung sei daher zu einem baldigen Verkauf zu raten. Seit mehreren Jahren schon hält die Niedrigzinsphase an, aber dies werde nicht ewig so weiter gehen. „Ein Ende ist zumindest mittelfristig abzusehen“, meint Schick. „Und sobald sich die Kredite wieder verteuern, verlieren Immobilien als Anlageklasse wieder an Attraktivität beziehungsweise werden für einige Käuferschichten schlichtweg nicht mehr erschwinglich.“

Verlangsamtes Mietwachstum

In den vergangen Jahren sind die Wohnungsmieten deutschlandweit gestiegen. In stark nachgefragten Stadtteil-Lagen waren 2011 bei den Angebotsmieten sogar Steigerungen im zweistelligen Prozentbereich zu verzeichnen. „Deutschland hatte bei den Mieten Nachholbedarf“, erläutert Schick. „Jahrelang herrschte hier Stagnation, was zu geringen Investitionen im Wohnungsneubau und letztlich zu den momentanen Angebotsengpässen in den Großstädten führte.“ Zudem seien Wohnimmobilien im europäischen Vergleich deutlich unterbewertet gewesen und die jetzt höheren Mieten auch aus diesem Grunde mehr als gerechtfertigt. Allerdings halte Schick, ähnlich wie bei der Preiskurve, auch beim Mietniveau in vielen Metropolen das Potenzial für weitere Steigerungen für begrenzt. „Höhere Mieten lassen sich vor allem bei Neuvermietungen durchsetzen“, führt Schick aus. „Neuvermietung setzt indessen Mieterfluktuation voraus.“

Diese wiederum werde inzwischen gebremst, weil vielerorts eine Diskrepanz zwischen Bestands- und Angebotsmieten herrsche. „Wer nicht durch besondere persönliche Umstände zum Umzug gezwungen ist, überlegt sich mittlerweile zweimal, ob er sich eine neue Wohnung sucht und dann deutlich mehr pro Quadratmeter zahlt als bislang. Weil aber weniger umgezogen wird, wird weniger neuvermietet, und weil weniger neuvermietet wird, verlangsamt sich das Mietwachstum.“ Dies habe für Eigentümer von Zinshäusern und Kapitalanlagewohnungen zur Folge, dass sie künftig mit weniger stark steigenden oder gar stagnierenden Mieteinnahmen rechnen müssen, was wiederum die Entwicklung des Cash-Flows beeinträchtige. „Auch unter Berücksichtigung der Mietentwicklung gilt: Verkaufen, solange die öffentliche Meinung von steigenden Mieten ausgeht. Die Aussicht auf künftige Mietsteigerungen lockt Käufer an und versetzt Verkäufer in eine komfortable Verhandlungsposition“, so Schick.

Geschickt reinvestieren

Wer sich zum Verkauf entschließt, muss deswegen noch lange nicht der Wohnimmobilie als Geldanlage den Rücken kehren, wie Schick klarstellt. Entscheidend sei, in welchen Märkten der realisierte Gewinn investiert werde. „Es gibt in Deutschland zahlreiche kleinere Städte – Profis sprechen von B- und C-Lagen – die längst nicht so stark nachgefragt werden wie die Millionenstädte oder auch Düsseldorf, Frankfurt und Stuttgart. Hier sind Wohnungen und Häuser weitaus günstiger zu bekommen, so dass unterm Strich oftmals höhere Renditen winken.“ Professionelle Investoren hätten die Chancen, die Städte wie Freiburg, Leipzig, Mainz oder Greifswald bieten, längst erkannt. „Privatanleger müssen oftmals eine Hemmschwelle überwinden, wenn es um Investitionen außerhalb ihrer Heimatstadt geht. Sie scheuen das Risiko, Immobilien in Städten zu erwerben, in denen sie sich nicht selbst auskennen oder die nicht als ebenso ‚sicher‘ gelten wie Berlin, München und Hamburg.“ Dabei gelte es gerade, die überlaufenen Märkte zu meiden und die Geheimtipps ausfindig zu machen. „Gute Chancen bieten sich in Deutschland zuhauf. Die jeweiligen Lokalbüros immobilienwirtschaftlicher Verbände oder auch vor Ort ansässige Makler helfen bei der Suche nach lohnenden Objekten.“

Stand November 2012

Quelle: IVD